12 Jahre hat Sara nichts von Lejla gehört, als sie einen Anruf bekommt. “Du musst mich abholen kommen”, sagt Lejla. Nach Wien müssten sie, denn Armin sei dort, Lejlas Bruder, verschwunden vor über 20 Jahren. Lejla weiß, dass das reicht, um Sara nach Bosnien zu holen, wo die beiden aufgewachsen sind und wo Lejla noch immer lebt.
Sara fliegt von Dublin aus hin und so brechen sie im Opel Astra nach Wien auf, fahren durch ein Land, in dem sich schon nachmittags die Dunkelheit über die Landschaft senkt, und das Sara nicht wieder erkennt, aber auch Lejla ist ihr fremd geworden, entzweit durch einen Streit nach der Matura, irgendwann geht Sara ins Ausland, der Kontakt bricht ab.
So eindringlich, so stark, auf einem sprachlich so hohen Niveau erzählt Lana Bastasic diese Geschichte, dass ich wie im Rausch auf den Sätzen durch den Roman gleite. Die Autorin ist fest in ihren Aussagen, oft roh, lässt Lejla vollkommen willkürlich und impulsiv handeln, Sara als Gegensatz dazu vernünftig, ruhig, oft sprachlos sein. Bastasic lässt spüren, wie grundverschieden sie sind, zeigt aber auch die gegenseitige Abhängigkeit, verknüpft durch einen Hasen, den Sara einst für Lejla gestohlen hat.
Das Buch erzählt auch von Bosnien und dem ehemaligen Jugoslawien, zeigt Realitäten, und fehlende Chancen, Armut, Dunkelheit, Überalterung, Tod, erzählt vom Krieg, ohne ihn wirklich vorkommen zu lassen.
Freundschaft, Familie, Identität, Aufwachsen – Bastasics Debütroman bewegt sich irgendwo zwischen Coming-of-Age, Roadtrip, Gesellschaftskritik und der Hoffnung auf ein Wunder und ist vor allem richtig gute Literatur. Große Empfehlung! 💛
Übersetzt aus dem Bosnischen von Rebekka Zeinzinger.
Vielen Dank an den Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar.